Hilfe! Was passiert mit meinem Kind in der Trotzphase? Wie kann ich mit ihm umgehen?
Selber machen wollen, Wutanfälle und Schreien, egal ob Zuhause oder im Restaurant! Das trotzige Verhalten bringt uns Eltern schnell zur Verzweiflung. Oft sind wir überfordert und wissen nicht, wie wir angemessen reagieren können. Erfahre in meinem Blogbeitrag was hinter der Trotzphase steckt und wie du dein Kind unterstützen kannst.
Was ist überhaupt die Trotzphase oder Autonomiephase?
Beides sind Begriffe, die sich auf die Altersspanne 2-4 Jahre beziehen. Die Begriffe beschreiben das Verhalten „trotzen“ und den Entwicklungsschritt der „Autonomie“.
Beides sind für mich Begriffe, die nicht der kindlichen Entwicklung gerecht werden!
Dein Kind trotzt nicht. Dein Kind ist mit der Situation emotional überfordert und kann nicht anders reagieren. Sein „trotziges Verhalten“ ist auf die Unreife seines Gehirns zurückzuführen. Aus diesem Grund werde ich den Begriff der „Trotzphase“ nur mit Anführungszeichen nutzen.
Dein Kind steckt auch nicht in einer Autonomiephase. Die Suche nach Autonomie ist ein lebenslanger Prozess und endet nicht mit 4 Jahren.
In meiner Familienberatung wurde ich einmal gefragt, wie viele „Trotzphasen oder Autonomiephasen“ es denn in einem Leben gäbe.
Darauf habe ich leider keine Antwort. Sicher ist aber, dass Kinder in der Wackelzahnpubertät mit 5-7 Jahren sowie in der Pubertät erneut nach Autonomie streben. Selbst als Erwachsene versuchen wir noch die Balance zwischen Autonomie und Sicherheit/Abhängig zu finden.
Wie entwickelt sich die Autonomie in der Kindheit?
Autonomieentwicklung vor der Trotzphase
Mit drei Monaten entsteht beim Kind die erste Vorstellung von Selbst. Dein Kind entdeckt seinen Körper. Es nimmt Fäuste, Füsse und Hände in den Mund. Je älter es wird, desto mehr Wirksamkeit erlebt es. Dein Kind lernt, dass seine Handlungen (weinen) eine Wirkung haben (auf den Arm genommen werden).
Mit 10 Monaten erwacht der eigene Wille. Das körperliche Selbstgefühl wird immer stärker. Dein Kind will nun immer mehr selbst machen. Seine Selbstwirksamkeit entwickelt sich: wenn ich mir selbst den Löffel in den Mund stecke, bekomme ich etwas zu essen – sofern noch etwas auf dem Löffel darauf ist!
Mit 18 Monaten entdeckt dein Kind sein Ich. Es kann sich nun im Spiegel erkennen. Dein Kind unterscheidet sich selbst nun von anderen. Ein erstes Selbstkonzept entsteht. Die Grenzen von Aussen werden nun immer deutlicher. Dein Kind lernt dich und sein Umfeld immer besser kennen.
Autonomieentwicklung in der Trotzphase
Das „trotzige“ Verhalten von deinem Kind im Alter zwischen 2 und 4 Jahren ist auf eine Unreife des Gehirns zurückzuführen. Dein Kind ist erst dabei die Fähigkeiten des Perspektivenwechsels, Empathie und Impulskontrolle zu lernen. Erst wenn dein Kind sich in den drei Bereichen entwickelt hat, kann es aus der „Trotzphase“ rauskommen.
Dabei ist die Entwicklung der Bereiche sehr individuell und verläuft bei allen Kindern anders. Zumal der Charakter des Kindes eine wichtige Rolle spielt. Während manche Kinder ihre Emotionen schon früh regulieren können, lernen andere Kinder dies erst viel später.
Perspektivenwechsel
Perspektivenwechsel bezieht sich auf die Fähigkeit die Perspektive des anderen wahrzunehmen. Dein Kind hat mit knapp zwei Jahren verstanden, dass der andere eine eigenständige Person ist. Erst mit 4 oder 5 Jahren können Kinder die Perspektive wechseln und nachvollziehen: Mein Gegenüber hat eine andere Meinung, andere Bedürfnisse und Gefühle wie ich.
Empathievermögen
Mit der Fähigkeit die Perspektive zu wechseln, können Kinder auch Empathie empfinden. Sie können sich nun in die Gefühle der anderen hineinversetzen. Sie erfahren, dass andere Personen unterschiedliches brauchen, um sich wieder zu beruhigen.
Impulskontrolle
Die Impulskontrolle bedeutet eine affektiv, gelenkte und spontane Aktion (den Impuls) kurz vor der Ausführung zu stoppen (Kontrolle). Erst mit 3 Jahren beginnt die Entwicklung der Impulskontrolle. Die Entwicklung der Impulskontrolle dauert zwischen 3 und 4 Jahren. Spätestens im Grundschulalter können Kinder ihre Emotionen zurückhalten oder abwarten. Aber auch das Temperament ist ein grosser Einflussfaktor.
Autonomieentwicklung nach der Trotzphase
Die Entwicklung deines Kindes geschieht in Phasen. Ist eine Phase beendet, beginnt oft schon eine neue Phase. Die „Trotzphase“ ist eine wichtige und bedeutsame Phase in der kindlichen Entwicklung. Bei manchen Kindern verläuft die Phase ausgeprägter als bei anderen. Nach der Trotzphase beginnen neue Phasen und weiteres Streben nach mehr Autonomie.
Wackelzahnpubertät
Im Alter von 5 und 7 Jahren durchlaufen die Kinder die Phase der Wackelzahnpubertät. Die Wackelzahnpubertät ist nicht unter hormonellen Einfluss. Dein Kind steht jedoch vor einem einschneidendem Lebensereignis: der Schuleintritt. Dein Kind ist zerrissen zwischen „Ich bin doch noch klein.“ und „Ich bin doch schon gross.“ Wackeln die Zähne, wackelt die Seele.
Pubertät
Zwischen 11 und 16 Jahren steckt dein Kind in der Pubertät. Im Gegensatz zur Wackelzahnpubertät findet hier eine wichtige hormonelle Umstellung statt. Die Pubertät beginnt bei den Mädchen oft früher als bei den Jungs. Die Pubertät ist ein wichtiger Abnabelungsprozess von den Eltern und stellt oft beide Parteien, Eltern sowie Kinder vor eine grosse Herausforderung.
Autonomie als lebenslanger Prozess
Wer denkt, dass nach der Pubertät die Suche nach Autonomie abgeschlossen ist, liegt leider falsch. Sei es mit Freunden, im Beruf, in der Partnerschaft oder mit unseren Eltern wir sind ständig dabei die Balance zwischen Autonomie und Abhängigkeit/ Sicherheit zu finden. So gesehen endet die Autonomiephase erst mit dem Ende unseres Lebens.
Wie kann ich mein Kind durch die Trotzphase begleiten?
Wenn der Versuch von zweijährigen, eine selbstständige Kompetenz zu entwickeln, bei den Erwachsenen auf Widerstand und Trotz stösst, werden die Kinder schon innerhalb weniger Monate entweder trotzig – und begegnen Trotz mit Trotz -, oder sie werden abhängig und entwickeln keine Initiative.
Jesper Juul
Ab dem Alter von 2 Jahren will dein Kind auf einmal alles selber und alleine machen. Sein Wille wird immer stärker und er möchte diesen auch durchsetzen. Diese Phase ist nicht nur für dein Kind, neu und anstrengend, sondern auch besonders für dich, als Eltern.
4 Schritte Notfallplan
Im engen Austausch mit Familien und inspiriert von verschiedenen Fachbücher, habe ich meinen „4 Schritte Notfallplan“ erstellt. In diesem Plan beschreibe ich die vier Schritte, welche du benötigst, um dein Kind in einem Wutanfall zu begleiten.
Lade dir hier meinen „4 Schritte Notfallplan“ kostenlos herunter und lass dich inspirieren. Dieser Notfallplan begleitet dich über die „Trotzphase“ deines Kindes hinaus.
Versucht folgende Fehler zu vermeiden
Während eines Wutanfalls, bzw. Trotzanfall befindet sich dein Kind in einer emotionalen Notlage. Es ist überfordert und weiss sich nicht anders zu helfen. Damit sich die Situation nicht verschlimmert, vermeide folgendes Verhalten:
Mache dein Kind nicht falsch
„Ist doch nicht so schlimm.“
„Ich habe jetzt keine Zeit für dein Theater.“
„Du bist doch sonst nicht so, beruhig dich jetzt.“
Mit diesen Sätzen bekommt das Kind zu spüren: Ich bin nicht richtig. Meine Gefühle sind nicht richtig. Niemand versteht mich. Ich bin alleine. Die emotionale Überforderung nimmt zu und dein Kind erhält nicht die Möglichkeit aus der Situation zu lernen oder sich zu beruhigen.
Ahme das Verhalten von deinem Kind nicht nach
„Waih Waih Waih! Das kann ich auch. Schau ich werfe mich auch auf den Boden.“
Dein Kind benötigt Ruhe, Halt, Verständnis und Vorbilder, um mit der Situationen und seinen Gefühlen besser umgehen zu können. Wenn du jedoch sein Verhalten aus Wut und Frust nachahmst, bekommt das Kind nicht die Möglichkeit von dir und deinem Verhalten zu lernen. Ein Teufelskreis beginnt.
Gib deinem Kind nicht die Schuld für sein Verhalten
„Wegen dir bin ich jetzt wieder wütend.“
„Wegen dir komme ich jetzt zu spät. Vielleicht verliere ich dann sogar meine Arbeit.“
Schuldzuweisungen helfen euch beiden in der Situation nicht weiter. In dem Moment bekommt dein Kind die Verantwortung für deine Gefühlswelt und dein Leben übertragen. Dies ist eine viel zu schwere Last und nicht tragbar für ein Kind. Nebenbei gesagt, solltest sowieso nur du die Verantwortung für dein Leben und dich übernehmen.
Erteile keine Strafen, Verbote oder „logische Konsequenzen“
In einem Wutanfall ist dein Kind emotional überfordert. Wenn du dein Kind nun zusätzlich falsch machst, indem du Verbote oder Strafen aussprichst, wird die emotionale Überforderung nur noch stärker.
❤️ In der Trotzphase benötigt dein Kind sehr viel Liebe, Verständnis und Wertschätzung.
❤️ Schenke deinem Kind all dies! Auf diese Weise kann dein Kind nachhaltige aus Situationen lernen, seine Gefühle besser verstehen und die Beziehung zu dir stärken.
P.S.: Habt euch lieb, besonders wenn es anstrengend ist.
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