Beobachten, Wahrnehmen und Abholen
Jedes Kind nimmt seine Umwelt unterschiedlich wahr. Genau wie wir Erwachsenen. Manche Kinder schirmen sich bewusst mehr ab und andere beschäftigen sich intensiv mit ihrer Umwelt. Bevor du das Thema Krieg bei deinem Kind ansprichst, beobachte und nehme dein Kind wahr. Ist es mein Bedürfnis mein Kind aufzuklären oder interessiert sich mein Kind für aktuelle Geschehnisse?
Wenn dein Kind konkrete Fragen stellt, versuche es dort abzuholen, wo es gerade steht. Dies erreichst du am besten, indem du Gegenfragen stellst:
- “Was weißt du über Krieg?”
- “Wer hat darüber gesprochen?”
- “Wo hast du etwas über den Krieg gehört?”
- “Was stellst du dir denn unter Krieg vor?”
Nehme dein Kind in seinen Äusserungen und Sorgen ernst. Sprich seine Ängste nicht klein oder lenke es ab.
Altersgerechte Erklärungen
Versuche ehrlich und so knapp wie möglich zu antworten, ohne ins Detail zu gehen. Wenn dein Kind die gleiche Frage immer wieder stellt, hat ihm die Antwort noch nicht zufriedengestellt. Stellt es wiederum neue Fragen, scheint es das Gesagte auf seine Weise, verstanden zu haben. Ebenfalls kann es helfen, kindgerechte Beispiele aus ihrer Lebensrealität heranziehen.
Eine mögliche Antwort auf die Frage eines Vor-, Grundschulkindes auf: Was ist Krieg?
“Du hast dich doch gestern mit deiner Freundin gestritten. Da wart ihr mal nicht einer Meinung. Und vielleicht ist es auch so weit gekommen, dass am Ende einer dem anderen die Schippe auf den Kopf geschlagen hat und jemand weinte. Und das hat vielleicht dazu geführt, dass die Erzieher gekommen sind und versucht haben zu vermitteln. Im Grunde ist Krieg das Gleiche unter Erwachsenen: Zwei Erwachsene, die an der Spitze von einem Staat stehen, sind sich nicht ganz grün, aus irgendeinem Grund gibt es Streit, grossen Streit. Aber die nehmen keine Schippe, sondern Panzer und Flugzeuge, mit denen sie kämpfen. Sie lassen sogar andere für sich kämpfen.”
Moritz Daum, Professor für Entwicklungspsychologie an der Universität Zürich in “Kinderfragen: Mama, was ist eigentlich Krieg?” von Zeit Magazin vom 23. Februar 2022.
Sicherheit schenken
Kinder benötigen Sicherheit. Umso wichtiger ist es jetzt unseren Kindern die Versicherung zu geben: Die Erwachsenen kümmern sich drum und du bist in Sicherheit. Der Krieg ist weit weg und wird nicht zu uns kommen.
Selbstfürsorge für uns Eltern
Unseren Kindern kann es nur so gut gehen, wie es uns geht. Gerade jetzt sollte Selbstfürsorge ganz oben auf deiner Prioritätenliste stehen. Kinder spüren unsere Ängste, Sorgen, Angespanntheit, Verzweiflung oder Hilfslosigkeit. Diese Gefühle dürfen wahrgenommen werden und da sein. Wir müssen jedoch lernen mit ihnen umzugehen und unseren Kindern das Gefühl geben: Ich gehe in die Verantwortung. Ich kümmere mich, um mich selbst. Ich weiss, wie ich mir helfen kann. Denn nur dann lassen Kinder los und beziehen unsere Gefühle nicht auf sich.
Möglichkeiten für mehr Entspannung:
- Reduziere deine Mediennutzung und konsumiere bewusst.
- Werde aktiv, wenn das Gefühl der Hilflosigkeit überkommt. Gerne kannst du auch hier deine Kinder miteinbeziehen.
- Erlaube dir Ruhepausen zu nehmen oder lustige Aktivitäten mit deinen Kindern zu machen.
- Bleibe im Hier&Jetzt und vermeide dadurch ein Gedankenkarussell.
Mein persönliches Schlusswort zur aktuellen Lage:
Als Familienberaterin habe ich mir die Mission gegeben: Kinder liebevoll zu begleiten, statt zu erziehen. Denn kein Kind braucht Macht, Zurechtweisung, Strafen oder Sanktionen, um zu wachsen. Doch genau das passiert zurzeit gerade in einer ganz anderen Dimension. Es wird gedroht, Verhalten wird sanktioniert, bestraft und Verbote werden ausgesprochen. Menschen leiden und werden zutiefst verletzt.
Lasst uns gemeinsam im Kleinen dazu beitragen, dass wir die Welt zu einem besseren Ort machen.
Lasst uns in unseren Familien Gleichwürdigkeit anstreben und ein liebevolles Miteinander.
Habt euch lieb, besonders, wenn es anstrengend ist.